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Corona, die Zweite – oder, davon geht die Welt nicht unter …

Kommentar von Trond Patzphal, Verleger

Die Entscheidungen des Krisengipfels vom 28. Oktober sind so nicht hinnehmbar und werden vor deutschen Gerichten landen. Die, die sich angestrengt haben, Hygienekonzepte zu schreiben und umzusetzen, werden bestraft oder verlieren ihre Existenz. Es sind die selbstständigen Unternehmer im Gastro- und im Bäckerhandwerk, die das ausbaden müssen. Diejenigen, die Verantwortung tragen für die öffentliche Ordnung, den kommunalen Nahverkehr, Schulen und die Eruierung von Kontakten Infizierter (hier handelt es sich um den öffentlichen Dienst und Beamte), haben nicht zu befürchten, daß sie auch nur einen Euro weniger verdienen oder zur Verantwortung gezogen zu werden.
Die gesamte Gastronomie im Bäckerhandwerk wird wieder für einen Monat geschlossen. Die Ministerpräsidenten machten am Mittwochabend den Eindruck, daß ihnen nachmittags etwas erzählt worden ist, was selbst MP Bodo Ramelow handzahm wirken ließ. Was ist den MP da offenbart worden? So kurbelt man Verschwörungstheorien an. Mangelnde Offenheit und keine Strategie – eine ungute Mischung!

Eine nationale Kraftanstrengung hat die Bundeskanzlerin gefordert. Der gastronomische Mittelstand und eben auch das Bäckerhandwerk haben sie erbracht und werden jetzt für private Partys und die Unfähigkeit der Ordnungsbehörden, für Recht, Ordnung und Information zu sorgen, bestraft. Und ich möchte hier die Ordnungsbehörden sogar in Schutz nehmen. Sobald sie konsequent eingreifen, werden eben jene von Aufsichtsbehörden und  Gerichten gestoppt, weil sie tatsächlich auch mal einen Schlagstock einsetzten mußten, um einen Corona-Leugner daran zu hindern, sich einer Dienstwaffe oder Atemmaske der Ordnungsmacht zu bemächtigen. Wenn heute Polizisten selbst mit einem Bein im Gefängnis stehen (oder im Krankenhaus, weil sie sich bei einem der Leugner angesteckt haben), wenn sie ihren Job ernst nehmen – was erwarten wir dann, wie Entscheidungen umgesetzt werden?

Wir brauchen kluge Konzepte! Mitbürger, die nicht bereit sind, ihre Masken zu tragen oder gleich in Gänze die Pandemie als Illusion verhöhnen oder leugnen, sollten am besten für 14 Tage in kontrollierte Quarantäne geschickt werden. Und ja, natürlich müssen solch weitgehende Entscheidungen vom Parlament beschlossen werden. Es geht um fundamentale Freiheitsrechte, die eingeschränkt werden müssen. Es war falsch, das Parlament aus der Verantwortung zu lassen. Und es ist ein Treppenwitz, daß es dem Bundestagspräsidenten nach sechs Monaten auch mal einfällt, einen öffentlichen Brief zu schreiben. Viel schlimmer ist aber, daß die Fraktionsvorsitzenden unserer Parteien sofort schreien: „Genau, richtig so!“. Eigentlich hätten sie die Verantwortung gehabt, die Mitarbeit des Parlaments schon längst einzufordern. Und zwar spätestens im April! Aber die Damen und Herren wußten wohl ganz genau, warum sie sich nicht vordrängeln wollten. Übrigens sehen wir gleich für die nächste Bundestagswahl, wer bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, wenn unbequeme Entscheidungen zu treffen sind. Entscheidungen, die temporär fundamentale Freiheitsrechte und das Demonstrationsrecht außer Kraft setzen! Hier möchte ich aber auch einen Tadel gegen uns selbst, die Medien, aussprechen. Wir als kleine Bäckerzeitschrift sind vielleicht nicht in der Position, in Berlin und Deutschland gehört zu werden. Aber warum haben FAZ, Spiegel und Focus ihre Kontrollaufgabe nicht wahrgenommen und die Mitarbeit des Parlaments eingefordert? Sich als vierte Gewalt zu beweihräuchern und aufzuspielen, aber nichts zu erkennen, ist intellektuelles Niemandsland. Das wäre Rudolf Augstein nicht passiert!

Übrigens: Bei den Menschen, die sich nicht wehren können, weil sie keine Kraft mehr haben, weil sie alt, krank oder gebrechlich und ohne Lobby sind, hatten wir kein Problem damit, fundamentale Freiheitsrechte ohne jeden Parlamentsbeschluss außer Kraft zu setzen! So wurden monatelang unsere Eltern oder Großeltern und eben auch kranke Familienangehörige eingesperrt. Sie starben einsam und alleine, erfuhren keine Liebe und Zuneigung. Als Verwaltungsgrundlage dienten individuelle Entscheidungen der Heim- oder Krankenhausleitungen. Ein Skandal, der noch aufgearbeitet gehört!

Das sind ganz deutliche Worte. Aber wir sind gerade dabei, eine ganze Wirtschaft kaputtzumachen. Weil unsere verantwortlichen Politiker nicht in der Lage sind, eine Strategie zu erarbeiten, die konsequent dem Rat der Virologen wie Dr. Christian Drosten und Dr. Hendrik Streeck entsprechen!

Ich führe ein Kontakttagebuch, nämlich meinen Terminkalender. Das kann man jedem Menschen zumuten! Wir haben in unserem Verlag ganz klare Regeln, das Gänge und Toiletten nur mit Maske betreten werden dürfen. Wir haben eine Putzfrau mehr eingestellt und kontrollieren auch die Umsetzung. Zugangsbeschränkung von Küche und Sozialräumen – kein Problem! Ja, auch ich bin Fußballfan. Aber mir langt es im Moment, die Spiele im Fernsehen zu sehen – davon geht die Welt nicht unter!

Und dann die Entscheidungen der vergangenen Monate: Auf der einen Seite wird genau bestimmt, auf der anderen wird auf freiwilliger Basis empfohlen.
Was soll das? Das sorgt für eine große Verunsicherung und führt am Ende zu einem riesengroßen Kuddelmuddel, weil keiner mehr weiß, was gilt. Viele Menschen haben Kant und seine Philosophie des kategorischen Imperativs in der Schule nie kennengelernt oder begriffen. Wenn die Lage so ernst ist, hilft uns keine freiwillige Basis, sondern nur klare Kante. Aber eben unter Berücksichtigung, daß jene, die gezeigt haben, daß sie Verantwortung übernehmen, nicht bestraft werden!

Die Kanzlerin hat heute gesagt, wir müssten handeln! Schön wäre jetzt aber auch, wenn Exekutive und Judikative ihre Arbeit machen, eine sinnvolle Strategie entwickeln und Ordnungsmaßnahmen konsequent umsetzen würden! Wir schließen die Gastronomie, aber die Schüler fahren in überfüllten Bussen, weil sich 30 Prozent der Busfahrer krankgemeldet haben oder gerade, von Verdi aufgestachelt, streiken. Die noch fahrenden Busfahrer erklären, sie wären keine Ordnungsbehörde und lassen das zu (passiert in Osnabrück)! Der digitale Wandel in den Schulen findet nicht statt, weil die Einkaufsabteilungen dieser Schulen keinen Plan haben, was sie kaufen sollen. Weil sie eben auch keinen Plan haben vom digitalen Wandel. Das ist ein O-Ton: „Ich mache noch zwei Jahre, dann gehe ich als Schulleiter in Pension. Ich habe keine Lust mehr, mich damit zu beschäftigen.“ So geht kein Homeoffice für Schülerinnen und Schüler!

Ganze Schulkomplexe wurden so konstruiert, daß sich überhaupt keine Fenster mehr öffnen lassen. Auch das war seit längerer Zeit bekannt. Gesundheitsämter sind nicht in der Lage zu klassifizieren und stellen sich selbst ins Aus!

Corona-Verweigerer demonstrieren ohne jeden Mundschutz in Berlin und finden sich witzig und gesellschaftsrelevant. Gerichte genehmigen diese Demonstrationen in dem Wissen, daß Auflagen nicht eingehalten werden. Den Veranstaltern scheint es egal zu sein. Sie haben kaum etwas zu befürchten. (Hier lohnt sich im übrigen, einmal die Kritik an der Judikative vom ehemaligen Bundespräsidenten und Verfassungsrichter Roman Herzog zu lesen)

Keine Strategie ist jene der Bundesregierung: „Ein bißchen was zu probieren“, um dann im Zwei-Wochen-Rhythmus neu zu entscheiden, ob das denn wohl geklappt hat. Ich bin doch kein Testkaninchen im Labor! Im Übrigen – noch ist es keinem gelungen, gegen eine Infektion in der Qualität des Corona-Virus einen Impfstoff zu entwickeln. Impfzentren, die jetzt gebaut werden sollen, haben eher Globulicharakter!

Wir wußten schon vor den Sommer- und Herbstferien, daß Reisen ins Ausland wohl kontraproduktiv sind. Bei den aktuellen Umfragen kommt heraus, daß viele Menschen bereit sind, noch strengere Regeln einzuhalten, um soziales Leben zu erhalten. Die hätten (bestimmt nicht gerne) aber dann doch auf den Urlaub im Ausland verzichtet, wenn die Verantwortlichen uns reinen Wein eingeschenkt hätten! Das Robert-Koch-Institut hat am Anfang der Woche aufgezeigt, daß die meisten Infektionen im privaten Bereich stattfinden – nicht in Museen (die wurden auch geschlossen) und nicht in Cafés! Der private Bereich ist nur durch Einsicht zu lenken. Wenn wir keine Blockwarte und Denunziantentum wollen, brauchen wir brutale Offenheit der Verantwortlichen! Wenn wir so weitermachen, stehen uns im nächsten Jahr noch einige Teil-Lock-Downs bevor. Und ich befürchte, daß hier dann auch der gesamte Einzelhandel betroffen sein wird. Am Ende wird man mit der Lupe suchen dürfen, wer noch in der Lage ist, Gewerbe- und Körperschaftssteuer zu zahlen. Ich vermute einmal, wir stehen kurz vor einem großen Lastenausgleich. Am 14. August 1952 beschloss der Bundestag ein hochkomplexes Gesetz (375 Paragrafen auf 87 Seiten des „Bundesgesetzblattes“). Dieser Lastenausgleich sah eine Substanzbesteuerung des vorhandenen Vermögens nach dem Stand von 1949 vor. Insgesamt sollten die Eigentümer die Hälfte ihres Vermögens abtreten – allerdings nicht auf einmal, sondern gestreckt auf bis zu 120 vierteljährliche Tranchen von jeweils 0,4166 Prozent, um die Lasten des Zweiten Weltkriegs gerecht zu verteilen.

Wir stehen vor einem großen Umbruch unserer sozialen und wirtschaftlichen Ordnung – da hat man ja was, auf das man sich freuen darf zum Weihnachtsfest!

Glück Auf aus Osnabrück!

Ihr Verleger
Trond Patzphal

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