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Die Verhältnismäßigkeit wahren

Die von der EU und den Grünen eingeleitete Ernährungswende trifft derzeit auf eine schwierige globale Großwetterlage. Durch den russischen Überfall auf die Ukraine kann diese ihre Funktion als Kornkammer der Welt nur eingeschränkt erfüllen. Zudem steigen die Inflationsraten in der westlichen Welt auf seit Jahren nicht mehr gekannte Höhen und damit auch die Lebensmittelpreise. Nicht die besten Voraussetzungen, um den Bioanbau auszuweiten, der zu weniger Ertrag bei gleichzeitig höheren Kosten führt. Schließlich ist die Flächenrentabilität beim Bio-Getreide nur halb so hoch, wie beim konventionellen Anbau. So wittert die Agrarlobby auch schon Morgenluft und fordert Flächenstilllegungen auszusetzen und alles dem Ziel unterzuordnen die Erträge zu maximieren. Man darf Zweifel haben, ob der Grund für dieses Plädoyer tatsächlich die Sorge um die weltweite Ernährungssicherheit ist.

Doch statt über mehr konventionell oder weniger Bio zu streiten, wäre es wohl effizienter mit der Absenkung des Fleischkonsums Ernst zu machen. Schließlich wird der größte Teil des deutschen Getreides ohnehin nicht zu Backwaren, sondern zu Tierfutter. Und Fleisch (insbesondere Bio-Fleisch) hat eine deutlich schlechtere Klimabilanz als Getreide (selbst konventionelles). Durch weniger Futterpflanzen würden zusätzliche Anbauflächen für Brotgetreide frei und wahrscheinlich sogar auch noch genug für flankierende Blühstreifen. Bei konventionellem Anbau wirkte sich die höhere Flächenrentabilität dann in Teilen sogar positiv auf die Umwelt aus. Im Bio-Bereich könnte man sich zudem die Frage stellen, ob man die Flächenrentabilität wirklich noch zusätzlich reduzieren muss, indem man vom inzwischen fast schon zum Standard gewordenen Bio-Dinkel auf „exklusivere“ aber ertragsschwächere Urgetreide umschwenkt, wie etwa Einkorn oder Emmer. Es scheint eine Überlegung wert zu sein, ob man die Anbaufläche dafür angesichts der gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht zumindest zeitweilig sinnvoller nutzen könnte.