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Keine Verpflichtung

Wenn sich eine Bäckerei im schleichenden Niedergang befindet, kann das viele Gründe haben. Manche Probleme lassen sich lösen, manche heutzutage leider nicht mehr. Zu den Fehlern, die in vielen Fällen irreparabel sind, gehört ein falsch ausgerichtetes Filialportfolio. Standorte, die sich vor der Einführung des Mindestlohns oder als genügend Azubis verfügbar waren, noch irgendwie rechnen ließen, gehören besser gestern als heute geschlossen. Aber was tun, wenn die Hälfte der Geschäfte aus solchen Schließungskandidaten besteht? Die Pleiten der vergangenen Monate, auch und gerade von großen Filialbetrieben, schiebt man gerne auf den heißen Sommer im Besonderen oder die Personalkosten im Allgemeinen. Eine gehörige Portion Selbstbetrug dürfte dabei eine Rolle spielen. Menschlich ist das verständlich – ebenso, wenn sich junge Bäckerinnen und Bäcker verpflichtet fühlen, den schlecht aufgestellten Traditionsbetrieb zu übernehmen: Bisher klappte es ja noch einigermaßen. Und wenn man an der ein oder anderen Stellschraube dreht, ist die Bäckerei ja vielleicht noch zu retten. Möchte ich Schuld sein, wenn die Arbeit von Generationen ein ruhmloses Ende findet? Wer mit dieser Motivation an die Betriebsübernahme geht, ist ein ehrenhafter Mensch. Als Unternehmerin oder Unternehmer wird sie oder er aber als abgearbeiteter, desillusionierter Zyniker enden. Damit sollen die jungen Bäcker nicht abgeschreckt werden. Ganz und gar nicht. Wenn eine sorgfältige Analyse aber ergibt, dass bei allem Einsatz der elterliche Betrieb nach der Übernahme nicht mehr zum Erfolg geführt werden kann, ist es besser, irgendwo anders von Grund auf neu anzufangen und alle Energie in ein Bäcker-Projekt zu stecken, an das man glaubt. Traditionen sind schön und wertvoll. Es gibt aber keine Verpflichtung, sie fortzuführen – vor allem, wenn das Ende absehbar ist.