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Kurzarbeit: NGG und Dehoga streiten um Tarifvertrag

NGG fordert Tarifvertrag.

Kurzarbeiter erhalten nur 60 Prozent ihres Nettogehalts, wenn sie der Arbeitgeber gar nicht einsetzen kann – für viele Beschäftigte in Gastronomie und Hotellerie ist dies bittere Realität inmitten der Corona-Krise. Nun ringen die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die auch Arbeitnehmer im Bäckerhandwerk vertritt, und der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga um einen Tarifvertrag für Kurzarbeiter. Statt zu einer Einigung kam es zum offenen Konflikt.

Tarifvertrag für Kurzarbeiter?

Meldet ein Arbeitgeber für einen Mitarbeiter die 100-prozentige Kurzarbeit an, zahlt der Staat 60 Prozent des Nettolohns und entbindet das Unternehmen von den Lohnzahlungen. Ein harter Schnitt für die Angestellten, der Betriebe aber finanziell retten kann. Eigenen Angaben nach hatte der Dehoga der NGG daher die Verhandlung eines Tarifvertrags für betroffene Beschäftigte angeboten. Als Antwort stellte die Gewerkschaft die Forderung, dass Unternehmen das staatliche Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent des Nettolohns aufstocken und den Lohnausfall ihrer Mitarbeiter zumindest teilweise auffangen sollten. Außerdem wollte die NGG durchsetzen, dass Mitarbeiter in den ersten zwei Monaten nach der Kurzarbeit nicht entlassen werden können. Eine Forderung, die der Dehoga nach NGG-Aussage unbeantwortet gelassen habe.

Harte Worte

Was darauf folgte, war ein durchaus heftiger Streit zwischen beiden Verbänden. „Das Jammern der Arbeitgeber und gleichzeitig die Respektlosigkeit gegenüber den eigenen Beschäftigten sowie die Nichtanerkennung ihrer Leistungen sind unerträglich. Wer im Service einer Gaststätte, am Empfang oder in der Küche eines Hotels nur knapp über dem Mindestlohn verdient, kommt mit 60 Prozent Kurzarbeitergeld nicht über die Runden. Der wird seine Miete nicht zahlen und seine Familie davon nicht ernähren können“, wird der stellvertretende NGG-Vorsitzende Freddy Adjan zitiert.

Nur wenig schärfer folgte die Antwort des Gaststättenverbands: „Glücklicherweise sind die allermeisten Beschäftigen und sehr viele Betriebsräte realitätsnäher und weitsichtiger als die Funktionäre der Gewerkschaft NGG. Sie wissen, dass ihnen Ansprüche gegen ihren Arbeitgeber nichts nutzen, wenn es diesen Arbeitgeber nicht mehr gibt und verständigen sich gemeinsam auf vernünftige Vereinbarungen zur Kurzarbeit“, so Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges. Betriebe stünden bereits jetzt am Rande des Möglichen und könnten die Forderungen finanziell keinesfalls stemmen.

Bilck in die Systemgastronomie

Besondere Würze erhält der Streit, weil der anberaumte Tarifvertrag in einer anderen Branche bereits unterzeichnet ist: Dieselbe Forderung der NGG ging nämlich auch an Bundesverband der Systemgastronomie (BDS), der Unternehmen wie McDonald’s, Burger King, Nordsee, Starbucks oder Pizza Hut vertritt. Wie die Gewerkschaft mitteilt, wurde das Papier innerhalb von 24 Stunden verhandelt und beiderseitig akzeptiert – eine Leistung, die sich die Arbeitnehmervertreter auch für die Gespräche mit dem Dehoga gewünscht hätten.