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Umsatzplus auf Knopfdruck

Grundsätzlich finde ich es löblich, wenn sich an höherer Stelle Gedanken darüber gemacht wird, wie die Innenstädte der Republik (wieder-) belebt werden können. Nicht zuletzt finden sich ja meist auch einige Bäckereifachgeschäfte in den Zentren der Städte und Dörfer, die von mehr Kundschaft profitieren können. Auf welche Weise allerdings dieser Zuwachs an Kaufkraft erreicht werden soll, ist Gegenstand von Diskussionen – aber einige Dinge lassen mich wenigstens mit einem Kopfschütteln zurück. Seien Sie mir nicht böse, aber der zurzeit zirkulierende Vorschlag der Freien Demokraten erscheint mir sehr rückwärtsgewandt. Zwar klingt er zunächst – gerade für unsere Branche – vielversprechend, aber ob eine Brötchentaste am Parkscheinautomat wirklich zu mehr Besuchern und damit mehr Umsatz führen würde, zweifle ich hiermit offiziell an. Führen wir uns vor Augen, was die Idee der FDP konkret bedeuten würde: Jeder Parkscheinautomat wäre nachzurüsten, damit das Vorhaben auch technisch Wirklichkeit werden könnte. Aber selbst, wenn dies gelänge – über die Investitionskosten für die chronisch klammen Kommunen will ich gar nicht reden –, so möchte ich doch ein paar leicht überspitzte Fragen stellen: Wer sollte kontrollieren, ob die Brötchentaste nicht vorsätzlich für den Blumeneinkauf oder der Besorgung Schlimmeres missbraucht wurde? Dürften von den Nutzern der Brötchentaste auch Croissants oder gar ein Coffee-togo gekauft werden? Spaß beiseite! Hier liegt der Irrtum zugrunde, dass es vor allem die Autofahrer seien, die den Einzelhandel retten könnten. Das Gegenteil ist der Fall: Gerade autofreie Innenstädte zeigen sich vitaler als je zuvor. Viele skandinavische oder niederländische Orte machen es vor. Und ich rede hier nicht von den abgelegenen Dörfern, wo sowieso eher die Gefahr besteht, von einer Herde Kühen umgerannt als von einem Auto überfahren zu werden. Sondern von Metropolen wie Amsterdam oder Oslo. Seit die Autos aus dem (Innen-) Stadtbild verschwunden sind, gibt es viel mehr Räume für Fußgänger und Radfahrer. Zudem auch für mehr Grünflächen. Wenn man mich fragte, wo ich lieber verweilen möchte: Auf der Parkbank im Grünen oder zwischen der automobilen Blechlawine, so fiele mir die Entscheidung nicht schwer und ich würde die Autos nicht vermissen. Ja, ich sehe das Problem, dass man Innenstädte nicht über Nacht für „autofrei“ erklären kann. Aber mit der entsprechenden Infrastruktur, also einem guten, praktikablen und günstigen öffentlichen Personennahverkehr, klappt es ja auch anderswo. Das Hauptproblem dürfte das gleiche sein wie beim Tempolimit: An sich ist es aus vielerlei Gründen angebracht, wenn nicht geboten. Aber Deutschland ist eine Nation von Autofahrern und das Dogma „Freie Fahrt für freie Bürger“ scheint in vielen Köpfen zementiert zu sein. Dass man ohne zwei Tonnen Blechkarosse viel freier ist als mit, hat sich noch nicht flächendeckend herumgesprochen. Ich befürchte, das weiß auch die FDP – aber was fordert man nicht alles, um die Lufthoheit über den Stammtischen zu behalten? Wir im Bäckerhandwerk sollten uns allerdings nicht darauf verlassen, in Zukunft Unmengen an Brötchen abbacken zu müssen, um die explodierende Nachfrage in den Innenstädten befriedigen zu können. Dennoch bleibe ich zuversichtlich.