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Verkehrte Welt?

Die Preise steigen auf breiter Front, auch die Bäckereien müssen neu kalkulieren. Dabei machen sich zunehmend mehr Betriebsinhaber Sorgen, den Bogen nicht zu überspannen und mit deutlich erhöhten Preisen die Kunden den „billigeren“ Industriebackwaren-Anbietern in die Arme zu treiben. Schließlich ist es relativ einfach, bei hochwertigen Lebensmitteln zu sparen und auf preisgünstigere Produkte, wie die Eigenmarken von Discountern, auszuweichen. Im Gegensatz dazu stehen Bio-Produkte in dem Ruf besser, aber auch teurer zu sein. Doch diese vermeintliche Regel stimmt derzeit teilweise nicht mehr. Denn Bio-Produkte sind häufig zugleich regional. Daher gibt es bei ihnen deutlich weniger Probleme mit gestörten Lieferketten, stark gestiegenen Transportkosten, oder deutlich erhöhten Kunstdüngerpreisen aufgrund des Gasmangels. In der Folge sind die Preiserhöhungen im Bio- Bereich oftmals deutlich niedriger als bei den konventionellen Pendants. Im Extremfall kippt das Verhältnis sogar ganz, und die konventionellen Produkte sind teurer. Das ist zum Beispiel bei der Butter im Supermarkt derzeit stellenweise der Fall. Bei den meisten Kunden hat sich allerdings der Merksatz eingeprägt, dass Bio in jedem Fall teurer ist. Hier haben Artisan- Bäcker, die Bioprodukte anbieten, die Chance, mit einer „Aufklärungskampagne“ neue Kunden zu gewinnen, unter dem Arbeitsmotto, dass Gutes nicht mehr immer zwangsläufig auch teuer sein muss. Dabei sind aber wahrscheinlich dicke Bretter zu bohren. Während der Corona-Pandemie stieg der Umsatz im Bio-Bereich zwar noch deutlich an, weil die Leute viel weniger Geld für Reisen, Restaurantbesuche oder neue Kleidung ausgaben und sich wenigstens zu Hause etwas Gesundes gönnen wollten. Inzwischen sinken die Bio-Umsätze aber auf breiter Front, weil die Kunden zunehmend versuchen, ihr Geld zusammenzuhalten. Artisan-Bäcker können aber jetzt argumentieren, dass sich die bekannten Bio-Vorteile nun auch für die Kunden im eigentlichen Wortsinn „bezahlt“ machen und sie aus Solidarität ihre Verkaufspreise bis auf Weiteres stabil halten. Zumindest so lange ihre Kosten wirklich nur wenig steigen. Dann bewahrheitet sich der alte Sinnspruch, dass in jeder Krise auch eine Chance steckt. In diesem Fall zumindest in Form eines begrenzten Zeitfensters für Bio-Bäcker, denn mittelfristig werden die Preise wohl wieder in die alten Relationen zurückfallen.