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Vom Teigbrand zum Breitband

„Wir befinden uns im Jahr 50 vor Christus. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“ Mit diesen Worten beginnt jeder Asterix-Band und Sie merken schon, heute will ich mit Ihnen weit in die Vergangenheit schauen. Was mir auffiel, hat etwas mit dem römischen Philosophen Seneca zu tun. Er lebte und lehrte etwa einhundert Jahre nach den Lebzeiten von Asterix und seinen Freunden (mir persönlich war Obelix immer sehr sympathisch). Selbst der spätere Kaiser Nero ist sein Schüler gewesen. Daraus allerdings zu schließen, sein Unterricht sei brandgefährlich gewesen, scheint mir etwas übertrieben. Ok, können wir diesen Kalauer auch abhaken. Seneca soll seine Schüler gelehrt haben: „Non scholae, sed vitae discimus.“ Frei übersetzt bedeutet es: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Mir als ausgewiesener Latein-Granate ist an dieser Stelle sofort klar, dass die Schule und das Leben offensichtlich gar nichts miteinander zu tun haben. An meine Schulzeit denkend, bestätigt sich diese jahrtausendealte Erkenntnis. Die Frage, was mir Gedichtinterpretationen im Fach Deutsch oder Stochastik im Fach Mathe im späteren Leben einmal gebracht haben, kann ich im Rückblick relativ einfach beantworten: nichts. Selbstverständlich ist es eine schöne Sache, wenn ich verstehe, was der arme Poet mir sagen will. Auch höhere Mathematik kann faszinierend sein. Bin ich voll mit einverstanden. Dennoch werde ich den Verdacht nicht los, dass einige Unterrichtsinhalte eher ‚nice to have‘ als elementar sind. Zumindest wenn es darum geht, durch die Schule auf das echte, wahre Leben vorzubereiten. Das gilt besonders für Berufsschulen. Hier muss es konkret darum gehen, die im Betrieb erlernte Praxis mit theoretischen Inhalten zu unterfüttern. Ein Beispiel: Lockerung von Plundergebäck. In der Backstube lernt der Auszubildende, wie er Plunder tourieren muss, um ein ansprechendes Ergebnis zu erhalten. In der Berufsschule erfährt er, was genau beim Tourieren des Teigbandes geschieht. Physikalische und biologische Lockerung – Sie wissen schon. Zum einen sollten hier Theorie und Praxis deckungsgleich sein. Dazu müssen in den Berufsschulen die Inhalte gelehrt werden, die in den Backstuben nützlich sind. Im besten Fall sollte der Unterricht modern, aktuell und relevant sein – aber darauf will ich gar nicht hinaus. Zum anderen – und das ist die viel grundlegendere Sache – es muss die nötigen Berufsschulen überhaupt geben. Sie haben alle schon gehört, dass Bäcker-Klassen an Berufsschulen geschlossen werden. Begründung: Die Mindest- Klassenstärke wurde nicht erreicht. In der Konsequenz muss der Auszubildende eine andere Bäcker-Klasse besuchen, die unter Umständen sonst wo sein kann. Morgens um acht Uhr geht’s los. Hier gilt die Gleichung: große Entfernung + öffentliche Verkehrsmittel = sichere Fehlzeiten. Überspitzt formuliert: Die spinnen, die Schulämter. Wenn also die Schüler nicht zur Schule kommen können, sollte es andersherum laufen. Was vor Corona noch unmöglich war, sollte danach doch kein Problem mehr sein: digitaler Unterricht vor dem Bildschirm. Die coronabedingte Ausnahme wird zur Regel werden (müssen). Die Anzahl unserer Azubis geht stetig zurück, und damit schwindet auch die Grundlage der bisherigen Idee der Berufsschule. Wenn das Duale Ausbildungssystem erhalten bleiben soll, muss es digitaler werden. Ich bin da zuversichtlich: Wo eine Breitbandverbindung ist, da ist auch ein Weg.