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Wem gehört Mama sonntags?

Vor einiger Zeit konnten Sie an dieser Stelle einen Kommentar zur Sonntagsöffnung unter der Überschrift „Sonntags gehört Mama mir“ lesen. Wir stellten eine große Filialbäckerei vor, die nach einer Umfrage unter den Mitarbeitern festgestellt
hatte, dass die Sonntagsarbeit der größte Unzufriedenheitsfaktor für die Verkäuferinnen war. Also reduzierte der Bäcker die Zahl der am Sonntag geöffneten Filialen deutlich – ein Ansatz, den wir durchaus charmant fanden. Bei einer Filialtour mit einem anderen Bäcker lernten wir jetzt allerdings neben dem Umsatzverlust weitere Gegenargumente kennen, über die es sich nachzudenken lohnt. Im Vertriebsgebiet des Bäckers hatte ein Kollege angekündigt, einen großen Standort am Sonntag nicht mehr zu öffnen – ausdrücklich mit dem Argument
der Mitarbeiterzufriedenheit. Unser Bäcker mochte sich dem nicht so recht anschließen. Seiner Erfahrung nach hat die Sonntagsöffnung für unsere Branche zwei weitere Vorteile: Erstens sei der Tag ideal für die Neukundengewinnung. Viele
Menschen, die unter der Woche schon an die Backautomaten verloren sind, kommen dann wieder zum Bäcker und können für das Handwerk zurückgewonnen werden. Zweitens sei der Sonntag ideal zur Imageverbesserung. Kunden erlebten hier, was Bäcker inzwischen alles können, von der Gastronomie bis zur Kaffeekompetenz. Damit die Mitarbeiter am Sonntag gern arbeiten, hatte unser Bäcker noch eine Idee: Natürlich zahlte er schon alle tariflichen Sonntagszuschläge, er erwog aber noch die Möglichkeit eines zusätzlichen Sonntagsaufschlags, der eins zu eins den Mitarbeitern zugutekommen sollte. Wer hat jetzt Recht? Wohl der Sonntagsöffnungsbefürworter,
wobei die andere Lösung auch ihre Argumente haben kann. Oder, um mit Adenauer zu sprechen: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Nichts hindert mich, weiser zu werden.“