Nicht gottgegeben

Nicht gottgegeben

17.04.2020 | Benedikt Falz

Dieser Kommentar bezieht sich auf unsere Meldung zur Entwicklung der Handwerksbetriebe im Jahr 2019, die Sie hier finden.

Von der Coronakrise haben wir im vergangenen Jahr noch nichts gespürt, stattdessen schien die Branche gesund wie nie. In der Statistik des Zentralverbands lässt sich dies ablesen, immerhin verdienten die Bäckereien mehr als 15 Milliarden Euro in einem Jahr – da bleibt ja wohl für jeden genug übrig, oder? Offensichtlich nicht. Die Handwerksrolle zählte zum Jahreswechsel gut 400 Betriebe weniger als zum Vorjahreszeitpunkt, ein Minus von vier Prozent. Das sei Ausdruck des natürlichen Konzentrationsprozesses im Handwerk, sagt der Zentralverband.

Das macht es aber keinesfalls besser für die 400 Inhaber, die im vergangenen Jahr zum allerletzten Mal ihre Türen schließen mussten. Hinter jeder Löschung aus dem Handelsregister steht schließlich eine Geschichte: Hier mussten zwei Firmen fusionieren, weil sie allein dem Discounter nicht standhalten konnten. Dort fand ein Seniorchef keinen Nachfolger für seinen Betrieb oder schlichtweg keine Kräfte für die Backstube. Woanders wurde ein Inhaber von immer mehr Bürokratie erschlagen.

Es wird Zeit, solchen Zahlen in der Statistik ein Gesicht zu geben. Zumal wir dann erkennen, dass so manche Schließung nicht die Folge einer scheinbar unausweichlichen Marktbereinigung ist, sondern durch politisches Handeln oder eben Nicht-Handeln ausgelöst wurde. Es wäre möglich, sowohl Ausbildung als auch die Nachfolge attraktiver zu gestalten – Beispiele dafür gibt es genug. Auch Bürokratieabbau und eine gesteigerte Anerkennung für das Handwerk hätten geholfen, genauso wie finanzielle Entlastungen für Handwerker.

Politik und Verbände dürfen Statistiken wie diese nicht als gottgegeben akzeptieren, sondern können und müssen dagegenhalten. Zwar scheinen diese Gedanken inmitten einer globalen Pandemie zweitrangig, doch es wird auch ein Leben nach Corona geben. Und dann sollten wir uns nicht rührselig an das Rekordumsatz-Jahr 2019 erinnern, sondern vieles besser machen als vor der Krise.


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