Für die Ausbildung (noch) mehr bezahlen

Für die Ausbildung (noch) mehr bezahlen

02.07.2022 | Christian Bremicker

Zugegeben, in diesem Augenblick, in dem ich diese Zeilen schreibe, hat der Ausbildungsgipfel des Bäckerhandwerks in Weinheim noch nicht begonnen. Somit fällt es mir schwer, die Ergebnisse desselben zu bewerten. Aber es steht mir frei, einige Ideen zu äußern. Bei einer Reportage vor einiger Zeit fiel ein Satz des Bäckers, der knapp zusammenfasst, welch große Verantwortung in der Ausbildung junger Menschen liegt. „In unseren Azubis liegt das gesamte Potenzial unseres Betriebes!“ Damit hat er sicherlich recht. Beim offenkundigen Nachwuchs- und auch Fachkräftemangel, der fast das gesamte Bäckerhandwerk fest im Griff hat, ist jeder Bäckermeister froh und glücklich, wenn er fähige Auszubildende zu guten Mitarbeitern formen kann. Die Frage, die sich mir allerdings stellt, ist: Warum geschieht das so, wie es derzeit geschieht? Oder weitergehend: Ginge das nicht besser? Haben Sie in letzter Zeit eine Berufsschule besucht? Wenn nein, so sollten Sie es einmal tun. Aber seien Sie nicht allzu schockiert. Viele – nicht alle – Berufsschulen sehen nicht anders aus als so viele – nicht alle – anderen öffentlichen Schulen. Der Träger ist auch hier die sagenumwobene öffentliche Hand. Doch diese scheint vielfach in den letzten Jahren, wahrscheinlich Jahrzehnten, wenig spendabel gewesen zu sein. Klartext: Der Putz bröckelt von den Wänden und das Lehrmaterial arbeitet noch mit D-Mark und Pfennig. Ok. Das ist hoffentlich etwas übertrieben. Aber die Frage, warum die Lehrbedingungen für unser „gesamtes Potenzial“ teilweise mehr als schlecht sind, sollte gestellt werden. Es geht sogar noch schlimmer: Irgendwann beschließt die Bezirksregierung, die Schule wegen zu geringer Schülerzahlen komplett zu schließen. Doch was tun? Erfahrungsgemäß ist der Weg, der über Ämter und Institutionen führt, steinig bis unpassierbar. Bis da etwas erreicht wird, ist der Azubi schon lange Meister. Oder er hat die Lehre abgebrochen. Es sind unsere Lehrlinge. Sollte es nicht in unserem Interesse liegen, sie zu unterstützen, um letztlich uns selbst zu helfen. Fachkräfte wachsen nicht auf Bäumen. Wir müssen Sie ausbilden, ansonsten sieht es schlecht aus. Darum sollten wir dafür sorgen können, dass der theoretische Teil der viel gerühmten Dualen Ausbildung besser wird. Bisher können wir nur den praktischen Teil beeinflussen, und ich gehe davon aus, dass an dieser Stelle schon alles getan wird, was nötig ist. Wenn der öffentliche Träger der Berufsschule nicht in der Lage ist, seine Berufsschulen besser auszustatten, warum helfen wir ihm nicht etwas auf die Sprünge. Ja, in Form von finanzieller Unterstützung. Und ja, das kostet uns bares Geld. Viel bares Geld. Aber wäre es nicht auch schön, sich darauf verlassen zu können, dass es noch eine Berufsschule für unsere Azubis gibt und sie dort bestmöglich ausgebildet werden? Nebenbei würde das die Ausbildung auch wieder attraktiver machen. Wie eine finanzielle Unterstützung genau aussehen könnte, müsste man prüfen. Klar sollte allerdings sein, dass jeder Bäcker, der für die Ausbildung seiner Lehrlinge zusätzlich an die Berufsschule zahlt, den gesamten Aufwand von der Steuer absetzen kann.


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