Infolge der Neuberechnung des Nutri Scores werden viele Brotsorten von bislang A (dunkelgrün) um zwei Stufen auf C (gelb) abrutschen. Darauf wies zuerst die Lebensmittelzeitung hin. Sie bezieht sich auf den neu formulierten Algorithmus, der ab dem 31. Dezember 2023 zur Kennzeichnung von Lebensmitteln verwendet wird. Grund dafür sind geänderte Grenzwerte beim Salz- und beim Proteingehalt in festen Lebensmitteln.
Treffen wird es nach dem Aussagen von Alexander Meyer-Kretschmer, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Großbäckereien, gegenüber der Bäckerwelt vor allem die Mischbrote: „Dieses Sortiment kippt uns fast komplett weg.“ Meyer-Kretschmer betonte, dass Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks und Großbäckerverband in ihrer Kritik an der neuen Kennzeichnung einig sind – kein Wunder, befindet sich doch damit das Grundnahrungsmittel Brot in schlechter Nachbarschaft mit zum Beispiel der Pizza. Selbst manche Chipssorten erreichen ebenfalls ein C beim Nutri Score.
Der Großbäcker-Geschäftsführer monierte insbesondere, dass die Bemühungen der Branche bei der Reduzierung des Salzgehalts nicht honoriert worden seien: „Wir sind inzwischen oft bei einem Prozent. Alle Verbrauchertests zeigen, dass viele Kunden eine weitere Reduzierung aus geschmacklichen Gründen nicht mehr tolerieren.“ Zu befürchten sei jetzt eher, dass manche Hersteller den Salzgehalt wieder erhöhen, so lange sie damit noch gerade die Vorgaben für Nutri Score C einhalten.
Weiteres Problem des neuen Algorithmus: Der Ballaststoffgehalt der meisten Brote fällt wegen Unterschreitung eines Grenzwerts bei der Bewertung komplett unter den Tisch.
Die Nutri Score-Angabe betrifft bisher fast ausschließlich die verpackten Brote im LEH. Allerdings dürfte es für das Image des Brotes insgesamt Folgen haben, wenn der Verbraucher zukünftig im Handel an einem fast geschlossen gelben Brotregal entlangläuft. Auf diese „mittelbare“ Betroffenheit des Bäckerhandwerks wies auch Christopher Kruse, Referent Lebensmittelrecht beim Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, gegenüber der Bäckerwelt hin. Der Zentralverband werde jetzt insbesondere darauf achten, dass bei einer Neufassung der Lebensmittelkennzeichnung durch die EU-Kommission entsprechende Regelungen nicht auch für lose Ware eingeführt würden: „Die menschliche Ernährung ist so komplex, dass sie sich nicht einfach in ein Farbschema pressen lässt.“
Hintergrund der Neubewertung ist ein neuer Algorithmus, der der Bewertung ab dem 31. Dezember 2023 zugrunde gelegt werden soll. Auf der Website des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft heißt es dazu: „Bei Lebensmitteln der Kategorie ‚feste Lebensmittel‘ und ‚Fette/Öle‘ werden für diverse Nähr- und Inhaltsstoffe künftig andere Referenzwerte, Maximalpunktzahlen oder Schwellenwerte angelegt. […] Die Berechnung des Nutri-Score wird an einigen Stellen, wie z.B. der Regelung zur Berücksichtigung des Proteingehaltes, vereinfacht. […] Ausschlaggebend zur Bepunktung des Salzgehaltes ist künftig der Gehalt an Salz und nicht wie bisher der Gehalt an Natrium, wodurch die Umrechnung von Natrium in Salz entfällt. Zusätzlich wird die Maximalpunktzahl für den Salzgehalt auf 20 Punkte erhöht. Anhebung des Referenzwertes für Ballaststoffe auf 30 g. Erhöhung des Mindestgehaltes an Ballaststoffen, der zur Punktevergabe vorliegen muss, auf 3 g (entspricht dem Gehalt, der nach der HCVO für die Vergabe des Claims ‚Ballaststoffquelle‘ vorhanden sein muss).“