Einfach mal wegträumen

Der Bundeskanzper redet von einem Doppelwumms, irgendwas mit 200 Milliarden Euro Sondervermögen, die er in seinem Sparstrumpf gefunden hat. Im Wirtschaftsministerium werden 15 Millionen E-Autos herbeiphantasiert, die das Stromnetz stabilisieren. Aua, Aua, Aua. Wie schon im Editorial geschrieben, können und wollen wir das nicht mehr kommentieren. Wo sich die Politik – und mit ihr immer noch ein guter Teil des Wahlvolkes – ein eigenes Lilalauneland bauen darf, muss uns doch das Wegträumen erlaubt sein. Vielleicht einfach mal zehn Jahre zurück. Dann würden wir auf die Branche schauen und konstatieren, dass die Bäcker gerade vor lauter Tagesproblemen die Produktentwicklung und -optimierung ein wenig vernachlässigen. Und dabei ist es doch gerade in schwierigen Zeiten besonders wichtig, neue Kreationen an den Kunden zu bringen. Idealerweise solche, für die er keinen Vergleichspreis im Kopf hat. Sie dürfen sogar einigermaßen kompliziert sein, damit Lidl die Idee nicht sofort für seine Kaninchenställe klauen kann. In der Großbäckerei Harry gibt es den Grundsatz, dass ein Drittel des Umsatzes mit Produkten gemacht werden soll, die nicht länger als fünf Jahre im Sortiment sind. Gut, Harry sagt uns nicht, ob die Differenzsumme dem Bäckerförderungswerk gespendet würde, falls die Tradititionsprodukte doch auf einen Anteil von 69 Prozent kämen. Aber der Grundsatz hat schon etwas für sich – und vielleicht können Sie für Ihren Betrieb ein ähnliches Ziel definieren. Wir erinnern uns bei der Gelegenheit an einen schönen Satz, den uns Thomas Pollmeier einmal zum Thema Freestander gesagt hat: „Wenn man hier nur an Einsparungen denkt, kommt man nicht weit. Solche Standorte funktionieren nur über Umsatzsteigerungen.“ Und den Umsatz steigert man mit – genau – tollen Produkten. Um doch noch einmal auf die schwierigen Zeiten zu kommen: Bäcker mit Herzblut basteln für ihr Leben gern an Rezepturen. Sie interessieren sich für neue Rohstoffe und die Welt der Aromen. Es wird also auch die bösen Geister über Ihrem Team für eine Zeit verscheuchen, wenn es wie in den guten alten Zeiten mal wieder nach Herzenslust tüfteln darf.

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