Früher, lauter, vehementer

Früher, lauter, vehementer

13.06.2023 | Christian Bremicker

Keine Frage: Es finden sich wohl keine Bäcker oder Kälteanlagenbauer, denen die Umwelt egal wäre! Unser aller Lebensgrundlage muss gesichert sein und bleiben. Um diesen Grundsatz umzusetzen, ist auch der Gebrauch von HFKW-Kältemitteln wenigstens zu hinterfragen. In den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde ja auch das Kältemittel FCKW erfolgreich verboten. Mit erfreulichen Folgen für die Umwelt. Wie so oft ist es also nicht eine Frage des „ob“, sondern lediglich des „wie“. Und genau diese Frage schien 2015 mit der F-Gase-Verordnung geklärt. Jeder wusste, woran er war, und jeder hatte die faire Chance, sich darauf einzustellen. Die novellierte Form der besagten Verordnung droht aber deutlich über das technisch Machbare hinauszugehen. Mit weitreichenden oder eher katastrophalen Folgen für alle Betroffenen. Vom Supermarkt über das Krankenhaus bis hin zum Rechenzentrum. Und nicht zuletzt auch für unsere wunderbare Branche, die sich gerade dank ausreichender Kühlfläche ausmalen darf, wie es wäre, wenn der Azubi-Mangel nachließe. Aber das ist ein anderes Thema. Da die meisten deutschen Bäcker existenziell von ihrer Bäckerkälte abhängig sein dürften, ist es für mich völlig unverständlich, warum unsere zentralen Lobbyisten in Berlin und Brüssel so unglaublich still sind, wenn es um dieses Thema geht. Munter, laut und medienwirksam fordert der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks – allen voran die gerade ausgeschiedene Brotbotschafterin Gitta Connemann –, den Weiterbetrieb der letzten drei Atomkraftwerke. Obwohl doch inzwischen auch der Letzte verstanden haben dürfte, dass diese Technologie weder günstig noch sicher ist. Obendrein abhängig von russischem Uran und vor allem mit einem Anteil von sage und schreibe sechs Prozent am Gesamtstrom in Deutschland. Hätten Connemann und Co. nur halb so viel über die novellierte F-Gase-Verordnung gesprochen wie über eine rückwärtsgewandte Form der Stromgewinnung, so wäre das Bewusstsein der Bäcker für diese verheerende Verschärfung aus Brüssel sehr viel ausgeprägter. Was hätte man öffentlich wirksame Aktionen starten können, was hätte man für einen gesellschaftlichen Druck aufbauen können. Was die novellierte F-Gase-Verordnung bedeuten würde, ist seit April 2022 bekannt. Jetzt, da die letztgültige Entscheidung in den nächsten Tagen (!!!) fallen soll, heißt es vom Zentralverband, dass „Herr Wippler und Herr Dr. Berg mit dem Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt über das Thema sprechen“. Ich bin dankbar für dieses Gespräch und ich begrüße es ausdrücklich. Ich gehe auch davon aus, dass es nicht das erste dieser Art gewesen ist. Und ich gebe zu, dass noch vor einem halben Jahr niemand vermutet hat, dass das Europäische Parlament in Sachen F-Gase-Verordnung beschließen würde, wie es beschlossen hat. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass der Zentralverband unseres tollen Handwerks erstens seine Mitglieder und zweitens die Öffentlichkeit früher, lauter und vor allem vehementer informiert hätte.


Kommentare |