Spätestens mit der Eröffnung der ersten Filiale kommen Bäcker um einen gewissen Grad der Systematisierung nicht herum. Auch wenn manche es nicht gerne hören, haben wir es dann – ähnlich wie bei den Systemgastonomen – mit Systembäckereien zu tun. Stellt sich natürlich die Frage, wo da der Familienbetrieb bleibt? Der Unterschied wurde uns wieder einmal im Rahmen einer Reportage bei der Bäckerei Reinhard aus Bern in der Schweiz deutlich. In der Systemgastronomie gibt das System dem Menschen vor, was er zu tun hat: Die Filialleitung hat die Aufgaben X und Y. Mit Z soll und darf sie sich nicht beschäftigen. Im Familienbetrieb läuft das bei aller Professionalität noch etwas anders. Der Mensch hat einen viel höheren Stellenwert und wenn die bewährte, langjährige Filialleitung mit Aufgabe X ihre Probleme hat, dafür aber Z sehr gerne und sehr gut bewältigt, wird das System dem Menschen angepasst. Das gilt nicht nur bei vergleichsweise kleinen Filialbetrieben wie Reinhard mit seinen acht Fachgeschäften. Wir haben die Herangehensweise auch schon bei Bäckereien mit 50 und mehr Filialen gesehen: Eigentlich sollte die Bestellung zentral abgewickelt werden. Altgediente Filialleitungen hätten das aber als Zurücksetzung verstanden und dürfen ihre Filiale deshalb wie bisher führen. Das kann ein Vorteil der Familienbäckerei sein, es ist manchmal auch ein Nachteil. Auf jeden Fall dürfte es aber einer der Gründe sein, warum Menschen doch ganz gerne in Familienbetrieben arbeiten.
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