Wie wenn eine Kuh das Wasser lässt

Wie wenn eine Kuh das Wasser lässt

21.06.2022 | Christian Bremicker

Kennen Sie diese penetrant gut gelaunten Zeitgenossen, die selbst beim Regen ins Schwärmen geraten? „Ach, diese herrlichen Tropfen, die so schön platschen – das ist so friedlich“, heißt es dann. An dieser Stelle möchte ich den etwas in die Jahre gekommene deutsche Liedermacher Reinhard Mey erwähnen. Nein, es geht mir nicht um sein Lied „Über den Wolken“ – selbst wenn es darin auch vom nassen, bebenden Asphalt handelt und vom Regen, der wie ein Schleier staubt. Nebenbei bemerkt: Ich wünsche Ihnen viel Spaß mit dem Ohrwurm für die nächsten Tage. Ich habe aber ein anderes, weniger bekanntes Lied von ihm im Ohr, das Sauwetterlied. Darin heißt es: „Die ganze Botschaft ist: Ich mag’s, wenn’s nieselt, wenn es tropft und wenn es schüttet, wenn es schifft und pieselt, wenn es trommelt oder prasselt, und es ist mir ein Fest, wenn es pladdert, wie wenn eine Kuh das Wasser lässt.“ Sicher – das ist schön aufgezählt und bestimmt künstlerisch wertvoll. Und ich habe auch nichts gegen Reinhard Mey. Im Gegenteil: Ich habe ihn bereits live sehen dürfen. Aber in diesem speziellen Fall kann ich ihm nicht zustimmen. Von allen Möglichkeiten des Wetters ist mir der Regen am meisten zuwider. Ich werde nicht gerne nass. Besonders, wenn ich nicht allein nass werde, sondern mit mir auch meine Kinder, die zu allem Überfluss noch an jedem Kieselstein stehenbleiben und ich somit noch nasser werde. Diese Problematik führt hier aber zu weit. Von mir aus sollte es immer nur dann regnen, wenn ich schlafe oder wenigstens nicht draußen sein muss. Weil ich das aber so schlecht steuern kann, versuche ich mich an Karl Valentin zu halten. Dieser berühmte Komiker, Schriftsteller und Sänger hat für sich eine Feststellung getroffen, die ich gerne teile: „Ich freue mich, wenn es regnet. Denn, wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“ Das hat nichts mit Resignation zu tun. Nach dem Motto: Da kann ich ja doch nichts machen. Nein, es kommt hier darauf an, wie man den Dingen, die einem widerfahren, begegnet. So wird meine Laune nicht schlechter, wenn es pladdert, wie wenn eine Kuh das Wasser lässt. Vielmehr freue ich mich, dass ich das Schauspiel von drinnen beobachten kann. Sollte ich allerdings doch draußen sein, wenn es schifft und pieselt, so freue ich mich darauf, schnell wieder reinzukommen. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich versuche, meine Laune nicht vom Regen abhängig zu machen. Schließlich ist es nur Regen, und aller Wahrscheinlichkeit nach wird er bald wieder vorbei sein. Trotzdem können uns manche Dinge, die gerade sehr akut sind, auf den Magen schlagen und uns mehr beeinflussen, als uns lieb ist. Auch in der Backstube ist das alltäglich. Der Geselle, der im Brötchenteig das Salz vergisst, die Verkäuferin, die zu viel Wechselgeld herausgibt oder der Backmittelvertreter, der zum unmöglichen Zeitpunkt seine Nase hereinsteckt. Aber geschehen ist geschehen. Da nützen kein Jammern und kein Klagen, da muss man dann durch. Und hier bin ich der festen Überzeugung, dass es besser ist, die Probleme konstruktiv und positiv gestimmt anzugehen. Ändern lässt sich meist eh nichts mehr. Nur die Stimmung, mit der ich mich ans Werk mache, die kann ich beeinflussen. Bleiben Sie zuversichtlich. Auch wenn es schwerfällt.


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