Zeitfrage

Zeitfrage

20.02.2024 | Dirk Waclawek

Man soll die Dinge ja nicht immer nur negativ sehen, sondern auch Fortschritte würdigen. Widmen wir uns unter der Maßgabe einmal der Ausbildung im Bäckerhandwerk. Bekanntlich steht die bei manchen Menschen im Ruf, schlecht bezahlt zu sein, von den Betrieben nachlässig betrieben zu werden und außerdem auf einer veralteten, praxisfremden Ausbildungsordnung aufzubauen. Den Kritikern kann man entgegnen, dass
a) gerade eine deutliche Anhebung der Ausbildungstarife für allgemeinverbindlich erklärt wurde und viele Bäcker aus eigenem Entschluss noch etwas drauflegen.
b) der Großteil der Betriebe die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich intensiv um seine Azubis kümmert. Es ist heute kein Problem mehr, einen guten Ausbildungsbetrieb im Bäckerhandwerk zu finden.
c) eine modernisierte Ausbildungsordnung abrufbereit vorliegt. Gewerkschaft NGG und Arbeitgeber sind sich grundsätzlich einig, dass die Modernisierung sinnvoll und dringend geboten ist.
Dann ist also alles in Butter und wir können durchstarten? Leider nicht ganz. Über die Bäckerausbildung könnten sich NGG und Zentralverband schnell einig werden, wie uns Gewerkschafts-Jugendsekretär Volkmar Wolf sagte. Der Knackpunkt, der die Gewerkschaft zu ihrem „Njet” veranlasst, ist die Verkaufsausbildung. Auch hier gibt es keine großen Streitpunkte bei den Inhalten, aber umso mehr  bei der Dauer: Die Arbeitgeber können sich vorstellen, die Ausbildungsdauer auf zwei Jahre zu reduzieren. Das lehnt die Gewerkschaft ab und möchte bei der Regel von drei Jahren bleiben. In dem Punkt kommen die Verhandlungspartner nicht weiter und so liegt die schöne neue Ausbildungsordnung bei den Akten und staubt langsam ein.

Dass die Situation unbefriedigend ist, braucht man niemandem in der Branche zu sagen. Wir glauben der Gewerkschaft gern, dass sie sich Sorgen um die Wertigkeit der Ausbildung nach einer Verkürzung macht und hier nicht leichtfertig zustimmen mag. Nur zieht die Ausbildung ihren Wert ja nicht primär aus der Dauer, sondern den gelehrten Inhalten.  Und hier finden wir, dass – wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen – im Verkauf die nötigen Inhalte nach einer Modernisierung in zwei Jahren vermittelt werden können. Man sollte dabei im Hinterkopf haben, dass die Arbeitgeber mit ihrem Vorschlag schon über den eigenen Schatten gesprungen sind und nicht bei jedem Bäcker auf Zustimmung rechnen können. Es wäre aber ein Angebot an die Verkaufsazubis nach einer inhaltlich sinnvollen Ausbildung schneller ans Geldverdienen zu kommen. Und das liegt doch im Interesse aller Beteiligten.

 


Kommentare |