Exotisch ist jetzt auch Nazi

Exotisch ist jetzt auch Nazi

30.07.2024 | Dirk Waclawek

Als verantwortungsvolle Unternehmer haben Sie in den vergangenen Tagen bestimmt schon Ihr Sortiment und ihre Werbemittel überprüft. Nicht, dass irgendwo das toxische Wort „exotisch“ vorkommt, beispielsweise beim „Hähnchenhappen mit exotischer Thai-Soße“ oder den „Hawaii-Exotik-Wochen“ zum Start der Feriensaison. Haben Sie nicht? Und Sie wissen auch gar nicht, wovon wir reden? Nun, dann müssen wir Sie an ihre staatsbürgerlichen Pflichten erinnern. Die Berliner „Jury gegen diskriminierende und sexistische Werbung“ hat nämlich den Veranstalter eines Street Food-Festivals aufgefordert, in seiner Werbung nicht mehr von der „exotischen Welt der asiatischen Straßenküche“ zu sprechen. Die Formulierung sei „problematisch“. Jetzt können Sie natürlich fragen, was Ihre Bäckerei mit den kruden Gedanken von Sprachpolizisten zu tun hat, die in ihrer Jugend vielleicht einmal zu heiß gebadet wurden. Nun, diese Sprachpolizisten verschicken ihre Abmahnungen immerhin auf dem Papier des Berliner Senats. Sie sehen amtlich aus, sind es aber irgendwie dann doch nicht. Die zuständige Behörde unter Leitung von Sozial- und Integrations-Senatorin Cansel Kiziltepe (SPD) betonte jedenfalls angesichts der sich aufbauenden Empörungswelle, es handele sich „weder um ein Verbot noch um eine Bestrafung“. Vielmehr habe die Jury ein „Sensibilisierungsschreiben“ verschickt und wolle mit dem Veranstalter „ins Gespräch kommen.“

Man kann über solchen Unsinn herzlich lachen. Man kann darüber auch nachdenklich werden. Es etablieren sich offensichtlich neben den demokratisch legitimierten Instanzen und den Recht und Gesetz verpflichteten Behörden Parallelinstitutionen, die in einer halbamtlichen Grauzone nach den eigenen Regeln spielen. Natürlich dürfen Sie weiter Ihre „Hähnchenhappen mit exotischer Thai-Soße“ verkaufen. Aber irgendwie möchte jemand im  Berliner Senat nicht, dass Sie das tun. Sollten Sie es als vorsichtiger Mensch da nicht besser sein lassen?

Wie die aktuellen Zahlen des Bäckerhandwerks nahelegen, schiebt die Branche einen Investitionsstau vor sich her. Unternehmen brauchen für Investitionsentscheidungen sichere Rahmenbedinungen und die Psychologie spielt hier eine große Rolle. Vielleicht hat ja die Unsicherheit, ob man noch „Hähnchenhappen Exotik“ verkaufen sollte oder nicht, neben den vielen harten Faktoren einen Anteil an der Investitionsunlust.


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