Ist das noch Handwerk

Ist das noch Handwerk

04.10.2019 | Benedikt Falz

Wenn uns die abgelaufene südback etwas gelehrt hat, dann ist es der Begriff der Prozesssicherheit. Es ist kein schönes Wort, doch war es auf der Messe in aller Munde. Mit Prozesssicherheit meinen Maschinenhersteller, dass ihr Gerät unabhängig von äußeren Einflüssen funktionieren muss. Der Kaffee muss immer schmecken, das Brot in jedem Fall gerade geschnitten und die Brötchen allzeit perfekt gebacken sein. Ein störender Einfluss in solchen Prozessen, das erklärten die Fachberater dem südback-Besucher, sei der Mensch geworden. „Diese Maschine funktioniert auch, wenn Ihr Mitarbeiter kein Fachwissen hat“, verkündeten die Unternehmen mit vollster Überzeugung. Das geht so weit, dass fertige Gerichte in Plastik eingeschweißt und mit Funkchips ausgestattet werden. Folie abziehen, Knopf drücken, fertig. Den Rest übernimmt der smarte Dampfgarer, während der Mitarbeiter zuschaut. Seien wir ehrlich, was sich hier „prozesssicher“ nennt, heißt in der Umgangssprache „idiotensicher“. Handarbeit und Fachwissen werden durch Knöpfchendrücken ersetzt. Das Bild der Zukunft, das die Industrie mit ihren automatisierten Geräten zeichnet, ist so eindeutig wie düster: In der Bäckerei stehen bald kluge Maschinen und dumme Mitarbeiter. Ernüchternd an dieser Annahme ist, dass wir den Herstellern kaum einen Vorwurf machen können. Angesicht der Personalsorgen vieler Unternehmen scheint es unausweichlich, dass immer mehr Prozesse automatisiert werden. Erst wenn sich wieder mehr Menschen für die Arbeit in Handwerk und Service begeistern lassen, wird sich das Rad zumindest ein Stück zurückdrehen. Ansonsten müssen wir den Begriff des Handwerks bald in Knopfdrückwerk oder Klickarbeit umbenennen – das wäre zumindest ehrlich.


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