Mein Freund, der Bauer

Mein Freund, der Bauer

05.12.2019 | Dirk Waclawek

Das Verhältnis zwischen Bäckern und Bauern war in der Vergangenheit nicht immer frei von Verwerfungen. Nachtragende Naturen könnten den Landwirten vorwerfen, dass sich ihre Funktionäre einen Spaß daraus machten das Bäckerhandwerk zu ärgern: „Ja, Getreide wird in diesem Jahr teurer werden. Brot braucht aber deshalb nicht teurer zu werden, schließlich ist der Wareneinsatz vernachlässigbar und die Bäcker verdienen sich eh eine goldene Nase.“ Solche – hier zugegebenermaßen leicht überspitzt wiedergegeben – Sprüche gehörten zum Standardrepertoire. Nun sind Bäcker keine nachtragenden Menschen und werden neidlos anerkennen, dass sich die Landwirte tapfer dagegen wehren, zum Feindbild und Brunnenvergifter gemacht zu werden. Rund 40.000 Bauern waren jedenfalls am 26. November mit 8.600 Traktoren nach Berlin gekommen, um der Bundesregierung die Meinung zu geigen. Lassen Sie sich übrigens nicht von einer verbreiteten Berichterstattung ins Bockshorn jagen: Bei den demonstrierenden Landwirten handelt es sich nicht um Krawallmacher, Unverbesserliche und Ewiggestrige, die einer modernen, nachhaltigen Landwirtschaft im Wege stehen. Die Zeitschrift Top Agrar hat die Forderungen der Landwirte am 21. November online einsehbar veröffentlicht. Führen Sie sich die einmal zu Gemüte. Viele Punkte werden Sie unterschreiben können und manchmal auch von dem Gefühl erfasst werden: „Denen geht es ja genau wie uns.“ Daneben berichten die Landwirte von einer beginnenden gesellschaftlichen Ächtung. Kinder werden beschimpft, Auszubildende müssen sich in ihrem Freundeskreis rechtfertigen. Das muss die Bäcker alles nicht interessieren? Ich bin mir da nicht so sicher. Schlendern Sie einmal durch den Supermarkt und achten Sie darauf, wie viele Lebensmittel inzwischen mit dem Siegel „glutenfrei“ beworben werden? Irgendwann wird den Verbrauchern auch erfolgreich ins Hirn gehämmert worden sein, dass die Bäcker sie mit Chemie und Backmitteln systematisch vergiften. Also: Es ist Zeit, Solidarität mit den Bauern zu zeigen. Eine kleine Kampagne „Mein Freund, der Bauer“ würde sich zum Beispiel nicht schlecht im Marketingkonzept eines Betriebes machen. Vielleicht erinnern sich die Bauernfunktionäre dann sogar im nächsten Jahr an die Schützenhilfe aus dem Bäckerhandwerk und verzichten auf den Giftpfeil zum Erntebericht.


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