Power to the Bauer!?

Power to the Bauer!?

01.02.2024 | Christian Bremicker

Dass in Sachen Agrarpolitik so einiges schiefläuft, steht nicht zur Diskussion: Ohne Landwirtschaft geht es nicht! Ich sehe auch, dass der diskutierte Wegfall der Kfz- Steuer-Befreiung sowie die Kürzung der Diesel-Subventionen offensichtlich die Tropfen waren, die das gut gefüllte Frust- Fass zum Überlaufen gebracht haben. Ich halte also Beschwerden und Protest aus der Bauernschaft für absolut richtig. Bleibt die Frage nach dem Wie. Die einen kleben sich auf der Straße fest, die anderen blockieren mit ihren Traktoren dieselben. Dieser Stillstand erregt in jedem Fall Aufmerksamkeit. So weit, so gut. Doch müssen es denn gleich hölzerne Galgen sein, an denen ampelfarbene Puppen baumeln? Warum ein persönlich bedrohter Bundeswirtschaftsminister, der noch nicht einmal für die Fragen des Agrardiesels und der Steuerbefreiungen zuständig ist? Proteste und Demonstrationen können über die Stränge schlagen und ausufern – hier wurden sie aber regelrecht instrumentalisiert. Gruppen, die ein Interesse daran haben, Hass und Hetze zu verbreiten – mit welchem Ziel auch immer –, tun so, als führten die Landwirte das erwachte Volk an, um „denen da oben“ zu zeigen, wo die Mistgabel hängt. Diesen Gruppen geht es aber nicht mehr um die Bauern und ihre Nöte, vielmehr darum, allgemeine Unruhe zu stiften. Klar, gibt es Frust unter den Bauern. Dafür allerdings die derzeitigen Minister allein verantwortlich machen zu wollen, ist meiner Meinung nach arg kurzsichtig. Der Blick auf die letzten zwanzig Jahre verrät, dass in dieser Zeit fast ausschließlich Minister das zuständige Ministerium führten, die heute lautstark aus der Opposition heraus verkünden, was alles besser werden müsste. Als ob sie dafür nicht fast zwei Jahrzehnte Zeit gehabt hätten. An dieser Stelle schöne Grüße an Horst Seehofer, Ilse Aigner, Hans-Peter Friedrich, Christian Schmidt (alle CSU) sowie Julia Klöckner (CDU und Nestlé). So wie es aussieht, ist es vielleicht ratsamer, selbst aktiv zu werden, um nicht auf die Berliner Politiker warten zu müssen. Bauern müssen von ihren Produkten leben können – das ist die Prämisse, unter der alle Überlegungen stehen sollten. Die Frage, warum der Weizen zu den Top-Spekulations- Produkten weltweit zählt, werden wir hier nicht klären können. Beenden werden wir diese Praxis nicht, aber wir müssen uns nicht (so stark) daran beteiligen. Immer häufiger höre ich bei Reportagebesuchen, dass sich Bäcker mit Landwirten ihrer Region zusammenschließen und das Getreide direkt vom Feld kaufen. So entsteht eine enge Bindung zwischen Bauern und Bäckern, in der faire Preise ausgehandelt werden können. Ich lernte, dass das besonders zu Zeiten der Pandemie sehr von Vorteil war, weil die langfristig ausgehandelten Preise äußerst stabil waren. Und zwei weitere Vorteile kommen noch hinzu: Zum einen sind die kurzen Lieferwege weniger brüchig als globale. Die Versorgungssicherheit verbessert sich also durch regionale Kooperationen. Zum anderen ist die gelebte Regionalität immer noch ein herrliches Marketinginstrument. In jedem Fall klingt die Feststellung des Zentralverbandes (Keine Bauern – Keine Bäcker) zwar zunächst sehr plausibel. Aber die allein ist zu wenig! Wir brauchen konkrete Vorschläge, praktikable Lösungen und einen Zentralverband, der damit vorangeht. Wir Bäcker haben ein deutliches Interesse an Landwirten, die gut und sicher von ihrer Arbeit leben können. Darum bin ich zuversichtlich, dass wir Wege finden werden, die zum beiderseitigen Nutzen sind.


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