Sonntags gehört Mama mir

Sonntags gehört Mama mir

26.03.2019 | Dirk Waclawek

Die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch an die große Kampagne des DGB „Samstags gehört Vati mir“ zur Einführung der Fünf-Tage-Woche. Innerhalb des Bäckerhandwerks fand einige Jahrzehnte später um die Sonntagsöffnung ein ähnlicher Titanenkampf statt. Am Ende einigten sich Befürworter und Gegner auf einen Kompromiss: Drei Stunden Backwarenverkauf – in manchen Bundesländern sind es auch fünf – waren erlaubt. Bäcker mit Cafébetrieb konnten natürlich länger öffnen, dann aber keine Backwaren mehr über den Tresen verkaufen. Wie alle Kompromisse hat zumindest die Drei-Stunden-Regel ihre Schwächen. Erstens ist sie in der Praxis bei Cafébetrieb kaum einzuhalten, zweitens überzogen die Bäcker sich schnell gegenseitig mit Anzeigen. Mit dem Urteil des Oberlandesgerichts München, das einem Filialbetrieb den längeren Backwarenverkauf erlaubte, scheint es – zumindest in Bayern – mit dem Burgfrieden vorbei zu sein. Geklagt hatte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, die übrigens auch von Bäckerverbänden getragen wird. Wie nervös man in der Organisation ist, zeigt die Reaktion des Zentralverbandes auf den Aufstandsversuch der mitgliederschwachen Bäckerinnung Kulmbach. Der Bannstrahl gegen die Aufständischen hört sich auf den ersten Blick nach „Mit Kanonen auf Spatzen schießen“ an, kann aber auch als „Wehret den Anfängen…“ gedeutet werden. Die Betriebe gehen in der Frage der Sonntagsöffnung inzwischen deutlich pragmatischer vor. Jens Hennig aus Zwenkau öffnet am Sonntag nur noch in sieben seiner 74 Filialen. Der Grund liegt nicht in den Vorgaben der Behörden, sondern in der Bindung der Mitarbeiter: Die meisten seiner Verkäuferinnen wollten das Wochenende mit der Familie verbringen. Der Schritt hat ihn so zwar etwas Umsatz gekostet, aber im Gegenzug zufriedenere Mitarbeiter beschert. Wer wegen der Zulagen gern am Sonntag arbeitet, kann das bei ihm in den sieben Standorten ja auch gerne weiter tun. Das Handwerk sollte sich von der künstlichen Drei-Stunden-Beschränkung lösen. Die Bäcker finden von ganz allein die für ihren Betrieb richtige Lösung.


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