Wir müssen stolzer werden

Wir müssen stolzer werden

01.11.2019 | Trond Patzphal

Die Aussage in der Überschrift stammt nicht von uns, sondern vom neu gewählten Bäckerpräsidenten Michael Wippler. Seine Worte möchten wir gerne noch ergänzen: „Wir müssen stolzer werden und wir müssen uns in Zukunft wieder wichtiger nehmen!“ Der uns bisher unbekannte Bundesverband der Regionalbewegung (ein 2005 gegründeter, gemeinnütziger Verein) hat im letzten Monat mit einer bemerkenswerten Demonstration vor dem Brandenburger Tor auf sich aufmerksam gemacht und das Ende des Bäckerhandwerks für das Jahr 2039 ausgerufen. Diese Aktion war sicherlich provokant, sollte uns aber auch ein Weckruf sein! Wie die Bäckerwelt 2039 aussieht, kann Ihnen auch die rote Glaskugel auf dem Verleger-Schreibtisch in Bochum nicht sagen. Aber dass es in den nächsten Jahren zu einer deutlichen Bereinigung im deutschen Bäckerhandwerk kommen wird, ist Konsens zwischen Verlag, Steuerbüros und Unternehmensberatungen. Nach unserer Schätzung haben wir im Jahr 2025 noch 6.000 Bäckerbetriebe, von denen 1.500 Betriebe mehr als fünf Filialen haben werden. Nur 600 dieser Unternehmen werden 2025 noch die Finanzkraft haben, um jedes Jahr mindestens eine Million Euro zu investieren. Die internationalen Lebensmittelhersteller werden weiterhin Regeln über Ihre Lobbyisten in die Gesetzgebung einbringen, die dem Handwerk das Geschäft schwerer macht. Hier liegt die Wurzel des Problems: Nicht nur unsere Kunden, auch die Politik muss den Wert des Handwerks verstehen. Unsere Werte wie Regionalität, Qualität, Nahversorgung und Kulturgut – denken Sie an unsere Rezepte – dürfen in Berlin und Brüssel nicht in Vergessenheit geraten. Bislang verstehen die Volksvertreter dies nicht, wie die zögerlichen Bemühungen zum Bürokratieabbau einmal mehr bewiesen haben. Wussten Sie eigentlich, dass werktags jede achte Bild- Zeitung und Regionalzeitung in Bäckereien verkauft wird? Im Gegenzug wäre es doch fair, wenn jede funktionierende Innung in Deutschland und jede Kreishandwerkerschaft, die die Geschäftsführung der Bäckerinnung übernommen hat, einmal im Jahr mit Ihren Tageszeitungen ein Gespräch führen. Aber bitte nicht darüber, dass man dem Nachwuchs nicht mehr raten kann, Bäckergeschäfte zu übernehmen. Seien Sie stolz, sprechen Sie über den Stellenwert des Bäckerhandwerks als deutsches Kulturgut! Wenn wir Bäcker im kommenden Jahr wieder viel Geld in den Tag des Brotes stecken, müssen wir selbstbewusst auftreten. Anders gesagt, wir müssen uns wichtiger nehmen! Malen Sie ruhig das Schreckgespenst einer Welt ohne Bäckereien an die Wand, dann versteht es auch der Letzte.


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