An der Theresienhöhe in München entsteht gerade ein imposanter Neubau, den die Münchner Traditionsbäckerei Rischart errichtet. Er soll für die Produktion, die Verwaltung, hundert Werkswohnungen sowie ein „Boardinghaus“ Platz bieten. Gekauft hatte Rischart das Grundstück von 5.400 Quadratmetern für 11,5 Millionen Euro von der Stadt, die froh war, dass der Bäcker nicht ins Umland abwanderte, sondern blieb und darüber hinaus neuen Wohnraum schuf.
Den alten Sitz in der Buttermelcherstraße will man verkaufen – und angesichts der hervorragenden Lage mitten in der Innenstadt wachsen im Stadtrat die Begehrlichkeiten. Doch an wen soll das Filetstück im Herzen Münchens gehen? An einen privaten Investor – oder doch lieber an die Stadt? Stadträtin Sibylle Stöhr (Grüne/Rosa Liste) setzt sich für einen Kauf ein, sofern man es „zum derzeitigen Verkehrswert“ erhalten könne. Auch der Chef der SPD/Volt-Fraktion im Stadtrat, Christian Müller, sieht das so: „Wenn es einen irgendwie halbwegs darstellbaren Kaufpreis gibt, gehe ich davon aus, dass wir einem Kauf zustimmen würden“, zitiert ihn die Süddeutsche Zeitung (SZ).
Schon 2019 hatte die Stadt die Gelegenheit gehabt, das Grundstück zu erwerben; der Wert wurde seinerzeit mit 79 Millionen Euro beziffert. Doch die Stadt griff nicht zu weil sie andere Prioritäten hatte: In dieser Zeit war sie damit beschäftigt, auch an anderer Stelle zuzukaufen, um Wohnungen aus Privatbesitz in die Kontrolle städtischer Gesellschaften zu bringen. 363 Millionen Euro gab die Stadt zwischen Dezember 2018 und Dezember 2019 für die Wahrnehmung ihres Vorkaufsrechts aus.
Im November 2021 stoppte ein Gericht diese Praxis. Also hat die Stadt jetzt wieder mehr Geld zur Verfügung und kann einen neuen Anlauf nehmen, um das Rischart-Grundstück in ihren Besitz zu bringen. Da sie keinen Anspruch darauf hat, verlegt man sich bei den Befürwortern eines Ankaufs darauf, moralischen Druck auszuüben. Wie die SZ schreibt, sagte Stöhr unter Verweis auf den günstigen Kaufpreis für das Grundstück an der Theresienhöhe: „Wir wünschen uns aber auch umgekehrt ein Zeichen sozialer Verantwortung, bei Immobilienverkäufen soziale Aspekte und die Menschen im Stadtviertel im Blick zu haben.“ Der Chef der Linksfraktion im Stadtrat, Stefan Jagel, wurde deutlicher: „Es ist eine Unverschämtheit, dass Rischart das Grundstück nicht der Stadt anbietet“, zitiert ihn eine Lokalzeitung. „Ein Münchner Unternehmen hat auch eine Verantwortung für die Stadt.“ Und: „Enteignungen sind ja leider nicht möglich.“